Minenopfer
Oft berichte ich auf meinem Blog über meine täglichen Herausforderungen, Schwierigkeiten, Gefahren und Erlebnisse. Grundsätzlich lebe und erlebe ich das Buschleben in Mozambique aber sehr positiv, denn ich habe die Möglichkeit mich mit den notwenigen Lebensmittel einzudecken, auch wenn der Garten nichts hergibt. Ich habe Geld um Malariamedikamente zu kaufen, sauberes Trinkwasser, eine Wasserpumpe um die frisch gesäten Bohnen zu bewässern, Insektizid um die hungrigen Heuschrecken zu bekämpfen – zu jedem Problem gibt es eine Lösung. Es stimmt mich nachdenklich wenn ich sehe wie die Menschen im gleichen Umfeld ohne jene Lösungen leben müssen. Oft fehlt es an Wasser, Grundnahrungsmittel, Medikamente, Schulen, Schulbücher und, und, und dazu kommen die Naturgewalten wie Überschwemmungen während der Regenzeit und Dürre während des Sommers welche ein normales Leben beinahe verunmöglichen. Es ist ein täglicher Kampf des Überlebens.
Als ob dies nicht schon genug wäre, kommen die Folgen des beinahe 30jährigen Bürgerkrieges hinzu, die Tretminen. Immer nach der Regenzeit und den Überschwemmungen steigt die Gefahr. Die grossen Wassermassen spülen Minen frei und schwemmen sie in Gebiete welche bereits als minenfrei galten. So kann es sein, dass auf einem Weg zum Brunnen der seit Jahren begangen wurde, plötzlich eine zerstörerische Mine im Sand liegt. Noch heute sind immer wieder neue Opfer zu beklagen, Kinder beim Spielen, Frauen beim Wasser holen und Männer auf den Feldern. Auch 15 Jahren nach dem Krieg sind sie immer noch da, versteckt, zerstörerisch, lebensverändernd. Firmen haben sie produziert, Menschen haben sie vergraben um Menschenleben zu zerstören!?
In einer kleinen Lehmhütte findet ein kleiner Gottesdienst statt. Es wird getanzt und gesungen, Staub und Schweissgeruch kommt mir entgegen als ich eintrete aber auch ein herzliches Willkommen. Ich tanze nicht mit. Mittendrin entdecke ich Tabita, ein 10 jähriges Mädchen, sie tanzt auf einem Bein und strahlt mir entgegen. Ein Missionar schenkte ihr Krücken, nun kann sie auch tanzen, der lange Weg zur Schule ist nicht mehr so mühsam.
Anna ist Witwe, ihr Mann starb im Krieg, sie stand auf eine Tretmine als sie die Felder bestellte. Der rechte Fuss musste am Schienbein amputiert werden. Während Jahren diente ihr ein einfacher Stock als Gehilfe, auf den Knien arbeitete sie teilweise auf den Feldern damit sie ihre Kinder ernähren konnte . Dank einer persönlichen Spende erhält sie heute als Überraschung neue Krücken. Sie weiss nicht wirklich wie ihr geschieht, ein paar vorsichtige Gehversuche und schon läuft sie aufrecht und stolz mit ihren neuen Krücken davon. Anna’s Augen strahlen Lebensfreude und Dankbarkeit aus . Eine Mine hat ihr Leben zerstört doch eine kleine Spende hat ihr ein menschenwürdigeres Leben zurückgegeben.
In einem Artikel lese ich, dass pro Jahr Weltweit fünf Millionen Tretminen produziert werden und zwei Millionen neu verlegt. Mit den bisherigen Methoden aber können jährlich nur 100‘000 Minen geräumt werden (wobei die Beseitigung hundertmal teurer ist als die Herstellung). Bei diesem Räumtempo, rechnete ein frühere UN-Generalsekretär einmal vor, werde es 1100 Jahre dauern, bis alle Tretminen unschädlich gemacht seien. "Es ist, als versuche man, eine Sanddüne mit einem Fingerhut abzutragen", hat ein Politiker dazu treffend angemerkt.