Rocky Mountains
Eine gute und eine schlechte Nachricht! Die Gute; endlich wird es hell und ein lange, kalte und beinahe schlaflose Nacht habe ich mit nur ein paar wenige Liegeschäden überlebt. Die Schlechte; es ist hell und erst 04:00 Uhr und für einen, nicht Morgenmensch wie mich, eine gnadenlose Quälerei um diese Zeit nur schon an das Aufstehen zu denken, geschweige denn es wirklich zu tun. So versuche ich es mit List und rede mir ein es wäre schon acht oder noch besser zehn Uhr. Ich krieche aus dem Zelt ein Reh äst friedlich nur einige Meter neben dem Zelt – so früh, das arme Tier – wie die das wohl machen und erst noch an einem Samstagmorgen?! Mit einem grossen heissen Kaffee würden meine Lebensgeister sofort erwachen, stattdessen schlürfe ich einen Eiskaffee aus dem Schüttelbecher und aufgeweichte Cornflakes in Eismilch. Juhui Campen ist schön, vor allem wenn man so gut ausgerüstet ist wie ein „möchte gerne Camper“! Mein Zelt sieht auch entsprechend aus, doch Kunststück mit zuwenig Heringen, darum breche ich das Zeltähnliche schnell ab damit die Nachbarn es ja nicht sehen, jetzt wo es hell wird. Ich stelle allerdings fest, dass das Reh und ich die einzigen sind weit und breit welche schon auf sind. Friedliches Schnarchen hört man von Nebenan – die haben bestimmt einen dicken, warmen Schlafsack und eine superweiche Matratze, ja so ein Haus auf Rädern werde ich das nächste Mal auch mieten, das ist sicher!
Heute gehe ich auf eine Wanderung, fünf Stunden, drei hoch und zwei runter. Auf einem schmalen Pfad geht es steil den Berg hoch einem Wildbach entlang. Immer wieder gibt es einiges zu fotografieren, Wasserfälle, Pilze, Seen flach wie Spiegel, Berge in der Ferne usw. (siehe Fotoalbum) doch meine ganze Aufmerksamkeit gilt den Bären die irgendwo da draussen sein sollten. Es ist ja schon unglaublich da soll es Bären haben und plötzlich wenn man so wandert meint man in der Ferne einen Teddybären zu sehen. Das Jagdfieber treibt mich weiter vorwärts denn ich will ja ein Portrait für das Fotobuch schiessen. Ich schleiche mich näher und der Teddy wird zum Braunbär und der Braunbär zum Grizzly. Ich wage mich bis auf eine 200mm Zoomdistanz heran, riskiere mein Leben und bin bereit für das Bild der Bilder und plötzlich verwandelt sich der Grizzlybär in einen moosüberwachsenen Baumstrunk!? Die ganze Aufregung umsonst. So geht dies bei jeder Wanderung – das braucht Nerven! Der Regen wird stärker und ich suche meine Regenkleider – ja,ja bin ausgerüstet obwohl ein 100 Liter Kehrichtsack hätte es auch getan – nicht dass ich den ausfüllen würde aber es soll ja nicht zu Körperbetont sein oder! Diesen Tipp habe ich von einem guten Freund als wir im Alpstein waren und dort geht so was, da laufen die Wanderer ja noch ganz anders herum! Anyhow, auf dem Weg zum Gletscher passiere ich zwei Höhlen, aha da hausen meine Freunde und es sind deutlich Spuren zu sehen doch die Lockrufe scheinen eher das Gegenteil zu bewirken und ich wandere weiter in Richtung Gletscher. Da kommen mir zwei Wanderer entgegen die mir einen erfahrenen Eindruck machen und ich erzähle ihnen von den Höhlen da unten und eben, dass ich vermute es hätten sich da Bären drin verschanzt. Sie lachen nur und meinen die wären zu dieser Jahreszeit im Tal wo es Gras hat. Aha Vegetarier also und sie sind im Tal, das beruhigt und ich kann die schöne Bergwelt geniessen ohne hinter jedem Felsbrocken einen Grizzlybär zu vermuten.
Zuoberst am Fusse des Gletschers raste und geniesse ich meinen Lunch. Der Regen hat für einen kurzen Moment aufgehört und die Sonne kämpft sich einen Weg durch die Wolkendecke und beleuchtet die gegenüberliegende Seite der Rockys. Leider ist es schon spät und ich muss an den Abstieg denken – zurück ins Bärenland – die Spannung steigt wieder je näher ich der Talsohle komme und tatsächlich da steht doch ein Braunbär kuhmässig auf einer Löwenzahnwiese.
Schnell ziehe ich meine Kamera unter der Regenjacke hervor und – endlich habe ich ein Bärenfoto! Leider reicht es nicht für ein Gruppenfoto, denn meine Swissjodel Abwehrstrategie wirkt zu gut und der Bär schaut dass er so schnell wie möglich weg kommt, bei einer solchen akustischen Umweltverschmutzung … sorry! – Und der, oder sie, ist wirklich Vegetarier so wie der/sie Gras frisst!
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