Überraschungen
„Wenn du vom Wetter überrascht
wirst, hast du etwas falsch gemacht!“ hat mir mein Fluglehrer früh in der
Ausbildung eingetrichtert. Dann nämlich habe ich mich nicht richtig informiert
über die Entwicklung des Wetters vor, während dem Flug bis hin zur Landung. In
der Aviatik möchte man möglichst alle Unbekannten ausgrenzen und eliminieren.
In unserer Kultur ist dies ein ganz normaler Lernprozess. Hier in Afrika, aus
meinem schweizerisch geprägten Hintergrund, besteht das Leben nur aus Überraschungen.
Überrascht bin ich wenn ich die Flugtheorieprüfung beim ersten Mal schaffe und genauso
überrascht bin ich wenn ich danach zwei Monate warten muss, und immer noch warte,
bis die Lizenz schlussendlich bei mir ankommt.
Für viele Menschen um uns herum
kam es aber nicht überraschend, dass Ihre Lebensmittelvorräte aufgebraucht und die neue Maisernte um zwei Monate
verspätet ist. Der Regen setzte dieses Jahr sehr spät ein und ein grosser Teil
der Ernte ging verloren. So haben wir
plötzlich täglich bis zu 100 Frauen auf unserer Basis die für ein paar Kilo
Mais arbeiten wollen damit sie ihre Familien ernähren
können. Wenigstens für eine
Mahlzeit pro Tag können wir ihnen aushelfen soweit auch unser Vorrat und
Finanzen ausreichen. Ich, wir alle hier sind dankbar für jeden Batzen welcher
bereits einbezahlt wurde um unseren Nachbarn zu helfen. So kaufen wir in
anderen Regionen des Landes tonnenweise Mais ein um über die Runden zu kommen.
Traurig und überraschend ist aber wenn wir von der Regierung hören, es gäbe
kein Hunger!?
Bei der Arbeitsverteilung heute
Morgen, sitze ich neben einem kleinen Jungen festgezurrt auf Mamas Rücken, als
plötzlich, nicht überraschend für Mama – noch weniger für den Junior - doch umso mehr für mich, ein kleiner
Wasserfall aus dem Tragetuch zu Boden plätschert. Ich springe weg um einer
warmen Dusche zu entgehen, Mama nimmt es gelassen zur Kenntnis und ist
überrascht über meine Überreaktion und lacht.
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